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Frost und Hölle! Von Schildkröten und ihren Bedürfnissen

Mär 2023
10

Leicht skeptisch, etwas trotzig, aber gleichmütig, mit gehobenen Brauen, blickt sie in die Kamera.
Das Leben hat sich in diesem Gesicht verarbeitet; Zäh wie Leder, einer alten Schildkröte gleich.
Ihr Haupt umrundet ein Geflecht aus leuchtendem Krepp. Die Augen, - fern, und wässrig müde. Blickten sie doch allzu lang schon in die Welt und sahen wilde Zeiten rollen; - kommend, - gehend.
Sie haben ausgesehen; ihren Dienst verrichtet!

128 Jahre sind eine lange Zeit. Johanna Mazibuko lebte in der britischen Kolonialzeit, sah die selbstverwalteten Anfänge der Afrikanischen Union, überlebte die schreckliche Zeit der Apartheit und feierte Nelson Mandela, der ein ganzes Volk glücklich in einen afrikanischen Traum zur Befreiung führte. Die Buren wären, ob der begangenen Greuel und hinterlassenen Wut, sicher zu Tausenden abgeschlachtet worden, hätte Mandela nicht seine schützende Hand erhoben und einen schmerzvollen Aufarbeitungs- und Heilungsprozess in Gang gesetzt.
Sie hat auch diesen überlebt und begriff, dass große Ideen und große Führer, wie es Mandela sicher gewesen ist, ihre Ausstrahlung verlieren und verblassen, sobald die Macht an die Kleptomanen und Egomanen übergeht, im ewigen Spiel um Geld und Macht.

Was wollen sie? Anerkennung! Und bekommen sie diese nicht über Menschlichkeit und Verständnis, über ein sorgsam angeeignetes Charisma und geistiger Strenge gegenüber sich Selbst, kehrt sich mancher schnell in das genaue Gegenteil und verfolgt Andersdenkende mit brutalster Härte. Das Gesetz des Dschungels, der Savanne, unserer Ahnen; Sieger ist wer überlebt!
Moral und Anstand sind für Schwächlinge! Wer zu essen hat, hat Recht!

Rede ich von Afrikanern, die bis heute, in plötzlichen Anfällen von archaischer Wut, immer noch nicht gelernt haben sich nicht gegenseitig umzubringen, die Macheten zu schwingen, kleine Kinder zu brutalsten Mördern abzurichten? Nicht unbedingt! Denn dieses Gen steckt in uns allen! Wohnen sie denn in den heißen Gegenden des globalen Südens, oder in den sibirisch kalten Nordländern; im Westen, wie im Osten. Einerlei!
Mit dem Tauen des Permafrostes kommen diese Gewohnheiten und Gewissheiten wieder zum Vorschein. Eiswürmer des Grauens!

Mächtige Narrative einer wagen Idee kommen sich ins Gehege. Freiheit gegen Bevormundung! Beide haben Recht, in ihrer eigenen Weise. Weder sind die Menschen fähig in völliger Freiheit zu leben und zu handeln, denn es macht sie zu Egoisten. Das Gesetz der alten Gene. Noch aber sind sie nur fremdgesteuerte, willfährige Diener, die in beschränkter Amnesie hordengleich jedem Schwenk ihrer geistigen Ordnung und Kaisers folgen. Sie müssen sich aber darüber hinaus entwickeln. Konsum oder Zwang werden nicht lange als Ersatz taugen. Sie sind zu billig und taugen nicht für den inneren Fortschritt!
Regeln und Ordnung brauchen beide. Manipuliert werden beide Systeme, so dass sie am Ende nur noch Hüllen sind, in denen die Puppenspieler ihre Machtspiele spielen.

Ich rede nicht von den wenigen Ausnahmen. Den Menschen die sich entwickeln. Die gelernt haben all die Teile der vorherigen Erfahrungen und Konsequenzen zu einem Teil ihres künftigen Handelns und ihrer Werte zu machen. Die Freiheit sich zurückzunehmen für die Freiheit des Anderen. Ein steiniger Weg und auch schwieriger Anspruch in der Entwicklung des Menschen. Und nur wenn ein genügend großer Teil diesem Anspruch genügt, ist die Menschheit bereit die nächste Stufe ihrer Evolution zu nehmen.

Wir sind an einem Kipppunkt. Mit ihrer Maßlosigkeit und Ignoranz hat es die Menschheit geschafft die alten Geister wiederzuerwecken.
Das Eis schmilzt. Säbelzahntiger und Scharen von Schädlingen kriechen empor, bereit sich in die giftige Schlacht zu werfen. Die Jahrhunderte der Aufklärung und des Humanismus werden in ihren eigenen Staub zurückgeworfen. Die Saat scheint nicht angegangen. Haben zu viele der Gärtner ihren Job gekündigt, oder gar ob des plötzlichen Wassermangels resigniert? Die jungen Pflanzen vergilben, verdorren. Doch gerade dort brauchen wir am allernötigsten Hilfe um die wiedererweckten Scharen der Vergangenheit in den Griff zu bekommen. Sonst kann der wildgewordene Säbelzahntiger gleich seine irren Atomdrohungen wahrmachen und die Welt in den totalen Abgrund zurückbomben. Die Brasiliens, Indiens und Chinas dieser Welt werden sich schön wundern, dass sie doch auf der selben Erde leben (wollten)!
Ich bin nicht Willens diesen Irren unwidersprochen freie Bahn zu geben, nur damit ich meine Ruhe habe!

Vielleicht sind die großen Länder und Systeme nicht fähig zur Erneuerung. Erneuerung braucht engagierte Menschen. Menschen die dort anfangen wo sie selber sind oder sich einbringen und kleine selbstverwaltete Gemeinschaften bzw Gemeinschaftsstrukturen neu denken und erfinden.

Bei all den schlechten Nachrichten die immer gehäufter auf einen niederprasseln und einem jeglichen Optimismus rigoros vertreiben, sind es diese kleinen Nachrichten einzelner Menschen oder lokaler Gruppen, die einfach anfangen es besser zu machen. Sei es an den Küsten rund um den Indischen Ozean mit der Wiedergewinnung von Nachhaltigkeit durch Schonung der Fischbestände und Aufforstung der weggeholzen Mangroven, alles initiert von einer kleinen Gruppe sehr engagierter Menschen mit einer klaren einfachen Idee, Eden Reforestation Projects, die die Küstenmenschen befähigt ihre direkte Umwelt nachhaltig und damit zukunftssicher zu bewirtschaften, oder in der Sahelzone mit der schlichten Idee der “unterirdischen Wälder”, die zum Leben wieder erweckt werden können, angeleitet von einem Australier, Tony Rinaudo, mit einer ebenso klaren und einfachen Idee, der Befähigung. Eines Auswegs!
Kein Geschwafel, kein Gerede. Keine langatmigen Konferenzen, keine kurzatmigen Gelder aus Entwicklungstöpfen. Einfach klares, ideengesteuertes Handeln, im Einklang mit der Natur.
Bravourös! Ich ziehe den Hut tief und verbeuge mich vor Scham!

Wir aber leben in Systemen die bis zur Erstarrung in Gesetzmäßigkeiten stecken, die keinerlei Bewegung mehr zulässt. Alles ist geregelt, zerregelt!
Zu viele Köche verderben den Brei. Schaue ich auf das Schulsystem in Deutschland wird einem ganz bang. Alle wollen und sehen die Notwendigkeit, aber keiner ist fähig wirklich etwas zu verändern oder Neues zu probieren. Alles erstarrt in den gewordenen Regelungen. Finnland, noch vor Jahren so hochgelobt, hat es vorgemacht. Horden von Besuchern aus aller Welt haben es sich immer und immer wieder angesehen und die Erfolge gesehen. Was ist davon geblieben? Sie müssen resigniert haben, denn heute redet keiner mehr davon. Und so blieb alles beim Alten. Hauptsache ist, dass alle was zu reden haben.

Bei Weitem kein Einzelfall! Mit der Digitalisierung ist es doch ebenso. Hehre Ziele, die im Nichts verpuffen. Warum? Weil die Regelungswut und die “German Angst” alles zerstört.
Ich ertappe mich selbst als einen derjenigen, die wegen wohlgemeinter und nicht unbegründeter Sorge vor den Gefahren warnen und zögern. Die aus bitterer Erfahrung den mauschelhaften Vergabepraktiken unserer Politiker mißtrauen. Denn sie treffen grundsätzlich auf Räuber. Räuber die sich häuslich in den Lobbyfluren der Regierungen niedergelassen haben. Kein Gemeinwohlgedanke steht im Vordergrund. Nur Bereicherung. Qualität und Schlichtheit sind nicht erwünscht. Sie bringen kein Geld.
Zunehmend muß ich also auch mich selbst in Frage stellen, ob diese Art des zögerlichen Handelns noch angebracht ist. Kleinere Länder wie Dänemark und andere machen es einfach vor.

Zwanzig Jahre zögern aus Sorge, sind ein viel grundsätzlicherer Verlust als das einfache und konsequente Heben des Schatzes. Wenn ich an all die Projekte zurückdenke, die ich im Laufe meines langen Lebens, - Johanna Mazibuko vergebe mir -,  bewußt wahrgenommen, als politisch anvisiert und dann nicht oder nicht konsequent genug verwirklicht gesehen habe, so fallen mir fast keine Gegenteiligeren mehr ein. Und ich muß zugeben, ja bekennen, dass wir den Stillstand mehr zu schätzen scheinen als den Fortschritt.

Wir sind zu faul und zu behäbig! Traurig. Wir werden gefressen von den Gierigen die sich 120 Millionen für eine App bezahlen lassen, oder ihre Verträge wohlweislich unter Geheimverschluss stellen lassen. Wenn man Ihnen wenigstens da auf die Finger sehen könnte, würde ihr Gebaren offenbar.
Auf dem armen Mann wird viel und ungerecht herumgehauen. Aber Karl Lauterbach macht es richtig. Zwanzig Jahre (zer-)reden für nichts. Jetzt ist Schluss!

Ich wünschte, wir könnten einfach alle mal die Klappe halten. Ein, zwei Jahre. Und in der Zeit bauen wir alle wie verrückt. Schulen, Windräder, Zugstrecken, auch Autobahnen wenn es unbedingt sein muss, Stromleitungen, Tunnel, Wohnungen, und bestellen endlich einfach und schlicht das Material was uns fehlt. Jetzt! Ohne den ganzen Klimbim! Macht die Beschaffungsämter dicht derweil und gebt den Leuten zwei Jahre bezahlten Urlaub. Sie sollen nachdenken, wie wir zu mehr Schlichtheit und Einfachheit zurückkehren.

Mit diesen Worten legte sich die alte Schildkröte nieder und sagte: Es ist getan! Solvitur ambulando!
Sie freute sich insgeheim ihren alten Ofen endlich wieder in Gang zu setzen und sich das erste leckere Essen nach langer Zeit zu kochen.

Wenn eine positive Formulierung für das Optimum gewonnen wird, rücken die nihilistischen Irrlichter an den Rand. Die Vorfreude darauf, was aus einem normalen Leben heraus erreicht werden kann, würde so stark werden, dass die Leuchtfeuerwirkung eines Bildungsideals für das kybernetische Zeitalter die Menschen aus der aktuellen Lethargie zöge.

Peter Sloterdijk

DJ Warpspeed, oder wie sich Klein Knirpschen die Welt zurechtmachte..

Nov 2020
15

Part I

Ich lebe in einer Welt des kompletten Irrsinns. Es sind nicht einmal die Irrsinnigen selbst die mir dabei die größten Sorgen machen, es sind ihre komplett ausgehängten Fans und Supporter. Ich bin in einer Welt aufgewachsen, in der ein Wort etwas bedeutete. Ja doch! - gelogen und übertrieben haben die Menschen schon immer. Das ist ihre Natur. Und diese Fähigkeit ist ja auch durchaus nütze. Doch auf eines war im Grunde genommen immer Verlass. Wurde ein Aufschneider anhand seiner Lügen überführt, oder trieb es gar zu krass, so konnte man sich sicher sein, dass es mit ihm vorbei war; Ausnahmen bestätigten die Regel. Dies war ein sehr verlässliches Übereinkommen und hat die Welt und ihre Menschen wenigstens tendenziell berechenbar gemacht.

Mit Überlichtgeschwindigkeit, also warpspeed, und durch gezieltes Krümmen der Raumzeit ermöglicht, sind diese Verläßlichkeiten aber ad ab­sur­dum geführt worden. Die Irrsinnigen haben erkannt, dass Berechenbarkeit und Integrität etwas sind was nicht zu ihrem Vorteil ist. In ihren Augen kann man verkrustete Strukturen nur aufbrechen in dem man sich völlig Unberechenbar gibt, dass Wahrheit ein krümmbarer Raum ist. Damit nimmt man der anderen Seite die Sicherheiten. Wie immer liegt in solchen Erkenntnissen auch ein kleiner Funken Wahrheit. Doch in den Händen von Wahnsinnigen ist es ein Todesurteil für die Erfahrungen und Gewissheiten des menschlichen Umgangs. Ja, Menschen sind furchtbar und ich habe mit zunehmenden Alter die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass das befreite Tier im Menschen nicht besiegt ist, oder gar besiegt werden kann. Sie töten, sie vergewaltigen, sie zerstören alles was ihnen im Wege ist. Sie finden dafür Gründe. Immer!

Und doch wachsen Kinder mit diesem Grundvertrauen heran, dass die Welt GUT und WAHR und SCHÖN ist; auch ihre Menschen. Zum Erwachsenwerden gehört dazu, dass dieses Urvertrauen dahinschmilzt und einer realistischer werdenden Betrachtung weicht. Und doch ist es in jedem von uns hinterlegt und trägt uns durch das Leben. Jede neue Begegnung beginnt auf dieser Grundlage. Hier ist es wo wir uns begegnen. Je mehr dieses Vertrauen gestört wird, desto unmöglicher werden echte Begegnungen. Was bleibt in einer solchen Welt? Wahn! Machetendeals! Prahlerei! Erniedrigung! Und die entsprechenden Gegenreaktionen! Verabredungen gelten nicht mehr, oder nur solange wie es zum eigenen Vorteil gereicht. Errungenschaften der Menschheit im gegenseitigen Umgang? Unsinniger Tand für naive Seelen.

Wo sind der Humanismus und all die endlosen Jahrhunderte die den Menschen formten, das innere und äußere Tier besänftigten? Wo sind all die Mütter geblieben, die ihren Kindern Respekt vor der Tugend und Respekt vor der Wahrheit beibrachten? Warum schreien sie nicht auf?

Intermezzo

Sich das innere Gold in Zeiten des Pessismismus, der Düsternis zu erhalten, ist also ein Gebot der Stunde. So wie es immer wieder geschah. Mitten im ersten Weltkrieg schrieb Leonhard Frank: Der Mensch ist gut. Eine Sammlung von Erzählungen, die den Menschen Mut machen sollten ihrer besseren Natur zu folgen; eigene Schlüsse zu ziehen und sich dem Friedenszug anzuschließen. Diese Novellen wurden kurzerhand als Wehrzersetzend verboten, aber dennoch heimlich umhergereicht.

Um es mit Erich Kästner auszudrücken

Der Mensch ist gut! Wenn er noch besser wäre,
wär er zu gut für die bescheidne Welt.
Auch die Moral hat ihr Gesetz der Schwere:
Der schlechte Kerl kommt hoch - der Gute fällt.

Apropos Mütter: Sie sind oft Teil des Problems. Wie wir schon an der langen Geschichte der Mafia beobachten konnten, sind sie es, die manchmal sogar zum eigentlichen Träger des Status quo werden oder ihn gar befeuern. Und doch läge unendlich viel Hoffnung darin, wenn es den Müttern dieser Welt gelänge, ihren verzogenen Knirpsen kräftig einen hinter die Löffel zu geben, sollten sie sich derart versteigen und ihrer niedersten Natur bequemen. Haben doch schon die alte Griechen wunderbar anschaulich demonstriert, dass all das laute Kriegsgetümmel mit ein wenig gemein.samen Willens seitens der Gemahlinnen und Geliebten prinzipiell gestoppt werden kann. Lysistrata. Make Love, or/not war! Erinnert Euch!

Part II

Kommt Zeit, kommt Rat. Kommt also Erkenntnis?!
Ja so ist das normalerweise. Wir machen Fehler solange wir wandeln und handeln. Gut so! Wir lernen daraus. So soll es sein! Die Bedingung für diese Abfolge ist, dass wir uns Selbst nie so Ernst nehmen, dass der Zweifel keinen Platz mehr darin findet. Dieser Zweifel ist dasjenige Element das uns überhaupt erst den nötigen Abstand zu uns selbst bringt, um von einer erhöhten Warte die Dinge und unsere Rolle darin neu zu betrachten. Er darf nur nicht pathologisch werden, sonst wirkt er nicht hin zur Erkenntnis, sondern verdüstert die Hoffnung, die bekanntlich am Boden der Büchse der Pandorra sich zu liegen fand. Es ist auch nie ganz geklärt worden ob sie ebenfalls mit ausbüchste ... Nietzsche jedenfalls hat das für sich beantwortet und meint:

„Zeus wollte nämlich, dass der Mensch, auch noch so sehr durch die anderen Übel gequält, doch das Leben nicht wegwerfe, sondern fortfahre, sich immer von Neuem quälen zu lassen. Dazu gibt er dem Menschen die Hoffnung: sie ist in Wahrheit das übelste der Übel, weil sie die Qual der Menschen verlängert.“

Es gibt aber noch einen weiteren Faktor: die Angst. Sie ist ein arger Herumtreiber und bringt einzelne Menschen oder Gruppen und manchmal ganze Volksseelen dazu sich von ihr regieren zu lassen. Dann versteigen sich solche Menschen ganz leicht dazu, sich von geheimnisvollen Kräften umgeben zu sehen, die ihnen ans Leder wollen. Solche Hysterien haben immer wieder Platz gegriffen, in der Antike, dem Mittelalter, oder der Neuzeit. Der ganze sogenannte Kalte Krieg fußte auf. Natürlich auch gab es immer Leute denen ein solcher Zustand herrlich in den Kram passte und in den man sich bequem einrichten konnte und die ihn deshalb - ob einzeln oder in Gruppen - im Geheimen oder in aller Offenheit - bewußt forcierten. Die kurzen Phasen der Erholung nach solchen längeren Phasen der getriebenen Angst sind dann dem Wiederaufbau gewidmet. Eine kurze Zeit der Konzentration auf wirtschaftlichen Aufschwung, verbunden mit der Hoffnung auf Verbesserung für die Massen. Ein Wunsch, mehr nicht!

Kommen wir zurück zu unserem Virus und der aktuellen gesellschafts-politischen Lage. Für Psychologen sicher eine Goldgrube an Verwirrungsformen der menschlichen Psyche. Die Rationalität - also die vernunftgeleitete, erweiterte Sicht der Zusammenhänge - gerät völlig aus den Fugen. Sie spielt bei Manchem fast gar keine Rolle mehr. Deshalb sind auch Argumente völlig fehl am Platz. Sie bewirken das genaue Gegenteil. Was aber ist es nun was Menschen zu Berserkern des völligen Unsinns werden läßt. Es ist Angst! Sie sind nach innen gekehrt und verbunkern sich. An irgendeiner Stelle ihres Lebens haben sie aufgehört mit dem “Anderen”, dem Fremden zu kommunizieren, sich verschiedene Perpektiven zu eigen zu machen. Deshalb ist es ihnen auch herzlich egal ob sie eine Person wählen die dem Allgemeinwohl nicht dienen will. Hauptsache sie bestärkt einen in der Selbstverbunkerung, weil ja überall Kräfte am Werke sind, die ... aber das hatten wir ja schon.

Die Süddeutsche Zeitung bringt eine interessante Betrachtung aus der Zeit der Nürnberger Prozesse zur Geltung. Die Angeklagten, wie Hermann Göring, wurden vor dem Prozeß von einem Psychiater der US-Army begleitet, der sie beobachtete und prozessfähig halten sollte und der, als Laboratorium der Psyche des Bösen - und mit einem gewissen Hang zu selbigen - verschiedene Interviews führte. Waren sie etwa nur infizierte Verrückte?

Kelleys Interviews zeitigen eine andere Einsicht. Es ist die Einsicht, dass es sich um zum Teil sehr intelligente Menschen handelt, die einige Merkmale teilen: zügellosen Ehrgeiz, schwach ausgebildete Moralvorstellungen und exzessiven Patriotismus, mit dem fast jede fragwürdige Tat gerechtfertigt wurde. [...]
“Solche Menschen gibt es überall auf der Welt. Sie haben keine geheimnisvollen Persönlichkeitsmuster. Aber sie haben starke Triebe, und sie wollen an die Macht.” [...]
“Es gibt selbst hier in den USA Leute, die über die Leichen der Hälfte der amerikanischen Bevölkerung gehen würden, um die andere Hälfte unter ihre Kontrolle zu bringen. Bisher reden diese Personen nur, aber sie setzen schon heute ihre demokratischen Rechte antidemokratisch ein.”
 

https://www.sueddeutsche.de/politik/prantls-blick-nuernberger-kriegsverbrecherprozesse-1.5123532

Lässt sich dazu noch was sagen?

Halten wir also fest. Wir haben den nagenden Zweifel, die bodenlose Angst und den dunklen Trieb. Etwas verloren zwischen ihnen herumirrend die stammelnde Hoffnung.

En Fin

Es sind also alles Gifte. In ihrer verdünnten Form allerdings auch immer Treiber der Entwicklung. Im Grunde, Drogen! Sie sind, wie wir Menschen eben auch, ambivalent. Es existieren also verschiedene Schichten und Wirkungsformen gleichzeitig und gleich gültig, neben- und ineinander. In ihren Urformen sind es Liebe und Destruktion und sie ordnen sich in den verschiedenen Ich-Funktionen unserer Wahrnehmungen, Handlungen und Entwicklungen. Lassen wir mal die Frage, ob das entwickelnde ICH das Leben überdauert und sogar inaugoriert beiseite, so stellen wir fest, dass wir es beim ICH mit gewissen Grundtypen zu tun haben; den kognitiven Funktionen, den vermittelnden Funktionen, den sensitiven und Schutz Funktionen. Sie lassen sich natürlich noch viel weiter in Einzelteile konstruktivieren. Wie bei allen solchen Zerlegungen muss natürlich darauf geachtet werden sie nur als tabellarisches Hilfsmittel eines komplexeren Ganzen, des Lebens an sich, zu betrachten. Im Zuge dieser kleinen, sich entwickelnden Betrachtung können wir uns vielleicht auf die sogenannte Adaptive Regression, also die gespinstartige Adaption der Träume, von frei inspirierten oder imaginierten Zusammenhängen und das Defensive Funktionieren als ICH-Anteile beschränken. Beides scheint sehr ausgeprägt bei solchen Menschen von den ich hier zu sprechen suche. Es fehlt nur ein wichtiger Teil. Die Adaptive Regression ist an sich ja eine wunderbare Fähigkeit des Menschen. Sie ermöglicht uns zu phantasieren, Dinge neu zu Denken, Unmögliches zu wagen. Sie muss nur versuchen sich wieder in einen normalen Realitätsbezug zu bringen, zu hinterfragen. Das ist schwierig, aber geschieht normalerweise unaufhörlich. Sie läßt uns sich entwickeln, anpassen, fort.schreiten. Dieser Teil scheint wie ausgehakt!
Beziehung Suchen ist also eine enorm wichtige Fähigkeit. Aber sie muß sich der Schwierigkeit stellen fortwährend einen Realitätsbezug herzustellen. Ohne diesen Teil ist es wie ein Horror-Trip im Rausch. Man entgleitet der Wirklichkeit und radikalisiert sich im OFF. Man überschreitet die Grenze!

Lebe ich also in einer Zeit, in der sich - wie beim Klimawandel, um nur ein Beispiel zu nennen - tatsächlich eine diesbezügliche Expansion ereignet? Ich fürchte es! Gibt es also Hoffnung?

Kann man so enden? Nein!
Wäre es ein expansives Universum ohne Rückkehr, ohne Hoffnung, wäre es Zeit auszusteigen; dem Warpspeed einen Kick zu versetzen, der es aus dem exzessiven Wurmloch befördert. Ich habe die Hoffnung das es die Bildung ist, die einen hoffen lassen kann. Zukünftige Generation werden also auch ihre Fehler machen und sie werden ebenso anfällig sein. Aber sie werden hoffentlich starke Bildungskräfte haben zu widerstehen! Also, fordern und fördern wir Bildung! Gegen das Übel!

War es das nun endlich? [...] Scheinbar doch noch nicht!
Immer dann wenn man denkt, man könne nun endlich Hoffnung schöpfen, die aufgeschreckte Haltung wieder etwas zurück lehnen, kommt einer daher, der einem die Ohren wieder langzieht. Watschn Watsch!
😂 So soll er denn - unbekannterweise - das letzte Wort haben. Grüße an Tyll!

Aber ich will Ihnen trotzdem was Hoffnungsvolles zum Schluss noch sagen: Ich glaube, die Hoffnung ist eine, die wir, ähnlich wie die Angst, nicht abschalten können als Idee. Die Hoffnung ist aber wahrscheinlich eine notwendige pubertäre Glaubensvorstellung unaufgeklärten Größenwahns. Behält man diese pubertäre Glaubensvorstellung wider alle Erfahrung bis ins hohe Alter aufrecht, hat man ein ernstes Problem.

Arnold Retzer, Psychologe
https://www.deutschlandfunkkultur.de/lebensqualitaet-die-hoffnung-muss-sterben.1008.de.html?dram:article_id=328481

So kommts....

Jul 2004
27

Eine Legende über die Entstehung der Baobab (Madagaskar):


»Am achten Tag der Schöpfung kam der Baobab zu Gott und weinte bitterlich: “Alle Pflanzen um mich herum tragen wunderschöne Blüten und Blätter zur Schau und ich? Nur ein langweiliges Graugrün und alle finden mich hässlich.” Daraufhin gab ihm der Herr eine wunderschön glänzende Rinde. Aber der Baobab war es nicht zufrieden und war weiter traurig: “Alle Pflanzen dienen einem Zweck, nur ich bin völlig zwecklos!” Seufzend bot ihm Gott an, Wasser zu speichern und gleichzeitig, den Tieren und Menschen in Trockenzeiten mit seiner Rinde und seinen Früchten als Nahrung zu dienen. Der Baobab nahm diese Eigenschaft an, aber dankbar war er nicht: “Warum kann ich nicht der erste aller Bäume sein?” Da wurde der Herr wütend, packte den Baobab an seinem glänzenden Stamm, riss ihn aus der Erde und steckte ihn mit der Krone voran zurück an seinen Platz. So wurde der Baobab für seine Eitelkeit und seinen Hochmut damit bestraft, einer der merkwürdigsten und dennoch nützlichsten Bäume zu sein.«